Der NABU Horlofftal und die Evangelische Kirche luden am 9. Juni 2024 zur besonderen Andacht „Mutter Erde – Der Schatz im Acker” am alten Bahnhof Trais-Horloff ein. Bei herrlichem Wetter folgten rund 50 Teilnehmende der Einladung und erlebten eine eindrucksvolle Veranstaltung, die das Bewusstsein für den Boden als immer knapper werdende, existentielle Ressource stärken sollte. Durch die Andacht führten das Pfarrehepaar i.R. Beate und Johannes Fritzsche sowie die Biologen Renate und Franz Grolig. Die musikalische Gestaltung der Andacht übernahm Franz-Josef Etzel, dessen Gitarrenspiel die Atmosphäre unter freiem Himmel wunderbar bereicherte. Bei der Begrüßung durch Ana Farago-Macht vom NABU Horlofftal wurde auch des kürzlich verstorbenen NABU-Vorsitzenden Stephan Kannwischer gedacht, der noch den Anstoß für diese Bodenandacht gegeben hatte. Die Bewahrung des Bodens hatte für ihn stets oberste Priorität.
Das Pfarrehepaar entfaltete, dass Mensch und Erde in mehrfacher Hinsicht eng miteinander verbunden sind. Das Bewusstsein dafür finde seinen Niederschlag in Schöpfungserzählungen, die beschreiben, wie der Mensch aus Erde geschaffen wird. Als “Erdlinge” seien die Menschen dazu aufgerufen, den fruchtbaren Boden zu “bebauen und zu bewahren”. Er sei nicht Besitz, sondern Leihgabe, mit der verantwortungsvoll umgegangen werden müsse, damit auch kommende Generationen eine Lebensgrundlage hätten. Das habe Konsequenzen für politische Entscheidungen wie auch für den Umgang mit dem eigenen Garten und Acker. Beate Fritzsche rief dazu auf, wissensbasierte Wertschätzung des Erdbodens, der verletzlichen Haut unseres Planeten, in der Erziehung und im Bildungskontext zu vermitteln.
Die Biologen Renate und Franz Grolig informierten über das „Multitalent Boden“ und die Entstehung von Boden sowie den Boden in der Wetterau im Besonderen. Dabei zeigten sie die große Vielfalt und Anzahl der Lebewesen im Boden auf, die an der Zersetzung und Mineralisation toter Biomasse mitwirken und so die wichtigen Nährstoffkreisläufe schließen. Kritisch betrachteten sie die mannigfachen Stressfaktoren (physikalisch, chemisch, aber auch wirtschaftlich), welchen der Lebensraum Boden zunehmend ausgesetzt ist: Er wird versiegelt, verdichtet, verschmutzt und ausgelaugt; steigender wirtschaftlicher Druck auf die Landwirte verhindert seine natürliche Regeneration. Trotzdem wird seit Jahrzehnten ein effektives europäisches Bodenschutzgesetz von Lobbyisten gezielt verhindert.
Im Anschluss an die Andacht war im Bahnhof die Ausstellung “Weltacker 2000 m2″ zu sehen: Derzeit stehen auf der Erde jedem Menschen 2000 m2 Boden zur Verfügung, auf dem Lebensmittel und nachwachsende Rohstoffe gedeihen, um seine Bedürfnisse zu decken. Die Aufteilung der 2000 m² auf die verschiedenen Bedürfnisse wird veranschaulicht, aber auch die global ungerechte Verteilung des Bodens.
Die Teilnehmenden nutzten die Gelegenheit zu einem geselligen Beisammensein und führten bis weit in den Nachmittag angeregte Gespräche bei Flammkuchen sowie Kaffee und Kuchen.
Vertiefende Informationen zum Thema finden Sie hier:
Website des Bodenatlas (Hier erhalten Sie viele umfassende, wissenschaftliche Erkenntnisse zum Boden und dem Umgang mit ihm)
Website Weltacker 2000 m² und Weltackerbroschüre
Fotos: Johannes Fritzsche, Gerhard Weissler und Susanne Krüger
Text: Anika Denninger, Johannes & Beate Fritzsche, Renate & Franz Grolig